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Mit welchem Blick betrachten wir die Werke von Erich Reusch? Welchen Blick erzeugen sie?
Man kann sich nicht niederlassen und verweilen, der Blick wird nicht gefesselt oder festgehalten.
Man schwebt, gleitet weiter, eilt, hält kurz inne, etwas stört, passt zunächst nicht, man stellt sich um und sieht es wieder mit anderen Augen. Der Blick springt über Distanzen, man spürt eine Spannung, geht hin und her, eine Farbe leuchtet, man taucht ein und findet kleinere Wege, Ähnlichkeiten, Streuungen. Man erfasst eine Festigkeit, doch entlässt sie den Blick ins Offene. Etwas Gleichmäßiges dehnt sich aus, wird aber gestört, so dass sich die Aufmerksamkeit umstellt. Eine Form bildet sich, behält aber etwas Lockeres und Offenes. Man findet einen Horizont, aber er entschwindet.

 

Das plastische Element von Reusch ist der offene Raum. Das Sehen trifft von außen her auf die Farben und Formen, mit aller sinnlichen Überraschung treten sie in den Blick. An keiner Stelle bleibt man stehen. Dieses Gestalten über Distanzen hinweg, dieses Weitersehen kommt bei Reusch aus einem räumlich-architektonischen Denken: das Werk als Platz, als Akzent, als Zugang und Ausbreitung. 1953 – 1964 arbeitete er überwiegend als Architekt. Die damalige moderne Skulptur öffnete sich auf den Raum, besaß aber immer noch eine Mitte – Hans Uhlmann, Norbert Kricke, David Smith. Bei Reusch traf dagegen der Raum auf die Skulptur, er wurde gebündelt, in Spannung gebracht, weitergeleitet. Schon in den 1950er und 1960er Jahren konzipierte er flache Skulpturen, ohne Volumen, völlig offen, Richtungen sammelnd und abgebend. Eigentlich begann Reuschs Werk noch früher, in den 1930er Jahren – als reines Raumempfinden, präsentiert im Foto, in Momenten des Lichts. Dieses Gleiten des Blicks erzeugen auch seine späteren Fotoarbeiten.

 

Jetzt aber, seit etwa  2007, verlieren die Werke von Reusch vollends alles Greifbare, Materielle und Schwere. Man erlebt sie nur noch als Bewegung, als Antrieb des Blicks. Die Ecken und Kanten sind nicht verschwunden, der rechte Winkel, die feste Form, die Präzision bleiben wichtig – aber nur, um diese rasanten, langsamen, strahlenden Bewegungen, dieses Offene und Unaufhaltsame aus sich herauszutreiben und in Spannung zu halten.


Erich Franz

Erich Franz

Text aus "Dezentral"

(english version)

 

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